Texte


Ist schon wieder Jahresende?

(Ein Beitrag von Rita Lechenmayr)

Ist schon wieder Jahresende?
Egal, wie ich es dreh' und wende
es ändert nichts daran
bald schon fängt ein Neues an.

Freud und Leid war dabei
egal - es ist vorbei.
Was steht vor der Tür?
Was mag es sein, was bringt man mir?

Auch das muß jetzt noch nicht belasten
besser ist es, mal zu rasten,
ein bißchen zu verweilen,
anstatt ständig nur zu eilen.

 


 
 
Altes Gebet Neujahr

»Neujahrsgebet aus der »Bergischen Volkszeitung« 1864/1865:

Herr, setze dem Überfluss Grenzen
und lass Grenzen überflüssig werden.
Gib den Regierungen ein besseres Deutsch
und den Deutschen bessere Regierungen.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamte, die wohl tätig,
aber nicht wohltätig sind,
und lass die, die rechtschaffen sind,
auch Recht schaffen.
Sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen,
aber noch nicht gleich;
Amen!

 

Ludwig Thoma: Silvesternacht



Und nun, wenn alle Uhren schlagen,
So haben wir uns was zu sagen,
Was feierlich und hoffnungsvoll
Die ernste Stunde weihen soll.

Zuerst ein Prosit in der Runde!
Ein helles, und aus frohem Munde!
Ward nicht erreicht ein jedes Ziel,
Wir leben doch, und das ist viel.

Noch einen Blick dem alten Jahre,
Dann legt es auf die Totenbahre!
Ein neues grünt im vollen Saft!
Ihm gelte unsre ganze Kraft!

Wir fragen nicht: Was wird es bringen?
Viel lieber wollen wir es zwingen,
Daß es mit uns nach vorne treibt,
Nicht rückwärts geht, nicht stehen bleibt.

Nicht schwächlich, was sie bringt, zu tragen,
Die Zeit zu lenken, laßt uns wagen!
Dann hat es weiter nicht Gefahr.
In diesem Sinne: Prost Neujahr

 

 

Neujahr

Ein Jahr ist nichts, wenn man's verputzt,
ein Jahr ist viel, wenn man es nutzt.
Ein Jahr ist nichts; wenn man's verflacht;
ein Jahr war viel, wenn man es ganz durchdacht.
Ein Jahr war viel, wenn man es ganz gelebt;
in eigenem Sinn genossen und gestrebt.
Das Jahr war nichts, bei aller Freude tot,
das uns im Innern nicht ein Neues bot.
Das Jahr war viel, in allem Leide reich,
das uns getroffen mit des Geistes Streich.
Ein leeres Jahr war kurz, ein volles lang:
nur nach dem Vollen misst des Lebens Gang,
ein leeres Jahr ist Wahn, ein volles wahr.
Sei jedem voll dies gute, neue Jahr.
Hanns von Gumppenberg

 

Zum neuen Jahr von J.W.v. Goethe

Willst Du Dir ein hübsches Leben zimmern,
mußt Dich ums Vergangene nicht kümmern;
das Wenigste muss Dich verdriessen;
mußt stets die Gegenwart geniessen,
besonders keinen Menschen hassen
und die Zukunft Gott überlassen.

Im neuen Jahre Glück und Heil!
Auf Weh und Wunden gute Salben.
Auf groben Klotz ein grober Keil,
auf einen Schelmen anderthalben!
   

 

Was denken Tiere in der Neujahrsnacht (James Krüss)

Was denken Tiere in der Neujahrsnacht
Was denken in der Neujahrsnacht
die Kater und die Katzen?
Sie denken, dass im alten Jahr
der Mausefang bescheiden war,
und strecken in das neue Jahr
begehrlich ihre Tatzen.
Was denken in der Neujahrsnacht
die Pudel und die Möpse?
Sie denken, dass nicht jeden Tag
ein Knochen auf dem Teller lag,
und wünschen für den Neujahrstag
sich Leberwurst und Klopse.
Was denken in der Neujahrsnacht
die Vögel hierzulande?
Sie denken an die Storchenschar,
die hier im Sommer fröhlich war
und die nun wandelt, Paar um Paar,
im warmen Wüstensande.
Was denken in der Neujahrsnacht
die Knäblein und die Knaben?
Sie denken, ob der Frost bald weicht
und ob ein Mensch den Mond erreicht
und ob sie nächstes Jahr vielleicht
Schuhgröße vierzig haben.
Was denken in der Neujahrsnacht
in aller Welt die Mädchen?
Die Mädchen denken unentwegt
und angeregt und aufgeregt
an das, was man im Sommer trägt,
ob Gretchen oder Käthchen.

 

Was denken in der Neujahrsnacht
die alten, alten Leute?
Sie denken unterm weißen Haar,
wie sonderbar das Leben war,
und dass das Glück sie wunderbar
geleitet hat bis heute.